Pressespiegel

Ohne Kostümwechsel spielt Satu Blanc sechs verschiedene Figuren.

Badische Zeitung, 3. Dezember 2009
Text und Bild: Annette Mahro

Als Mann floh es sich besser

Die Autorin und Schauspielerin Satu Blanc zeigt in Basel ihr Einfrau-Stück »Die Spionin aus Rom«

Der Stellvertreter Gottes auf Erden hatte es, wie man weiss, schon öfter mit kritischen Autoren zu tun. In der »Spionin aus Rom« trifft es Eugen IV., Papst zu Zeiten des berühmten Basler Konzils, das als längstes der Kirchengeschichte von 1431 bis 1449 tagte. Autorin und Darstellerin Satu Blanc bringt ihn als durch und durch selbstverliebten Machtmenschen auf die Bühne. Spinnengleich und kühl berechnend spinnt er derzeit im Theater des Basler Lohnhofs sein Netz über das Abendland. Im Blick hat Eugen dabei die ganze Welt.

Noch härter trifft es den Papst, wenn ihm in der jüngsten szenischen Darstellung historisch belegter Begebenheiten, wie sie die Basler Schauspielerin in ihrem Ein-Frau-Theater seit Jahren in immer neuen Varianten vorstellt, nur eine Nebenrolle zukommt. Zentral in Satu Blancs jüngsten Stück ist statt seiner die junge Giovanna, der von ihrem seinerseits in dunkle Machenschaften mit der Kirche verwickelten Vater in eine Ehe aus Kalkül gezwungen werden soll und die deshalb flieht. Im 15. Jahrhundert floh es sich besser als Mann. Aus Giovanna wird also Giovanni, der, des Lesens und Schreibens mächtig, als Privatsekretär in die Dienste eines Kardinals mit Namen Salvatore di Schifanoia kommt. Im Stück ist er der Gesandte des Papstes ans Basler Konzil.

Schifanoia ist erfunden und mit ihm die Figur der erzählenden Giovanna. Den historisch belegten Kardinal Piccolomini und späteren Pius II. habe sie dagegen bewusst aussen vor gelassen, erklärt Satu Blanc im Gespräch: »Der bräuchte allein ein eigenes Stück.« Alles Weitere, wie etwa die Episode um den deutschen Humanisten Nicolaus Cusanus, der die Echtheit der Konstantinischen Schenkung öffentlich anzweifelte, hält sich an die historischen Überlieferungen. Um sie herum pflegt die Frau, die neben den darstellenden Künsten Geschichte studiert hat und sechs Sprachen mehr oder weniger fliessend spricht, ihre Geschichten aufzubauen. Die Figur des Papstes spielt sie mit besessenem Blick und bis zur Verschmelzung schauerlich. Satu Blanc ist aber auch alle anderen. Sie wechselt die Rollen wie Hüte und mit ihnen die Sprachen. Murmelt Schifanoia etwa gelegentlich Italienisches und der Papst Latein, so spricht Giovanna akzentfreies Hochdeutsch.

Viel Humor legt die Darstellerin auch in die Frau des Bürgermeisters, eine hypothetische Figur wie Schifanoia, die Baseldeutsch denkt. Obgleich die ständig an Möbeln Wienernde eigentlich die komische Rolle im Stück hat, ist sie doch auch die durch und durch wirtschaftlich Orientierte, die ihren »Hans« zuerst drängt, das Konzil und mit ihm sicheren Aufschwung – nicht zuletzt für die Papiermacher und Buchdrucker – nach Basel zu holen. Jedem Zweifel begegnet sie mit einem: »Was das kostet? Ja Hans! Dann erhöhst Du eben die Steuern!« Als das Ende der endlosen Kirchenversammlung schliesslich doch noch droht, hat die Bürgermeisterin auch gleich den nächsten Coup im Ärmel: die 1460 gegründete Universität. Deren wirklichen Gründer Hans von Flachsland verbindet übrigens nur der Vorname zufällig mit Satu Blancs Figur. Ein bisschen Straffen und Bündeln darf schon sein und das hinter allem stehende Prinzip wird in einem Allerweltshans nur umso deutlicher. Lehrreich, unterhaltsam und eindrucksvoll wie immer.